Wendepunkt

Die Puzzleteilchen fügen sich langsam zu einem Bild, das sich immer mehr sehen lässt. So würde ich die vergangenen 6 bis 12 Monate zusammen fassen wollen.

Auf den ersten Blick ist der bisherige Performanceverlauf meines größten Wikifolios bisher eine einzige Achterbahnfahrt. Es lohnt aber vielleicht ein genauerer Blick, denn es zeigt eigentlich die verschiedenen Phasen meiner persönlichen Entwicklung als “Trader”, insbesondere in den vergangenen 2-3 Jahren.

Höhepunkt der Performance war die Post-Corona Liquiditätsrallye, bei der einfach alles stieg. Dort verbergen sich meine eigentlichen Anfänge der heutigen Strategie. Dort entdeckte ich CANSLIM nach Bill O’Neil, Miniervini, Darvas und die Bedeutung in richtig wachstumsstarke Aktien zu kaufen. Ich kaufte an ihren Earning-Gaps einfach in neue 52-Wochen Hochs hinein. Stopp? Das Tagestief. Aber auch nicht so wichtig, weil gefühlt 9 von 10 Aktien durchstarteten und Zuwächse im dreistelligen Prozentbereich keine Ausnahme waren. Dann kam das Markthoch. Im Nasdaq angefangen im November 2020, dann der S&P500 am 4. Januar 2021 und wenig später im Februar der Russel2000.

Fast auf den Tag genau, am 9. Februar 2021 erreichte auch mein Wikifolio den bisherigen Höchststand mit 284 Punkten, nachdem es seit August 2020 um über 120% gestiegen ist. Der Nasdaq zum Vergleich konnte knapp 25% zulegen.

Es folgte der Seitwärtsmarkt in 2021. Dort begann meine eigentliche Lernzeit, spätestens mit dem Drawdown von 30% merkte ich, dass der Handel von Ausbrüchen nicht mehr funktionierte – zumindest für mich – und dass es einiges mehr an Arbeit und Recherche braucht.

Ich begann mich stärker auf Aktien in Konsolidierungen zu konzentrieren und entwickelte neue Strategien und Screener für so gennante Reversal-setups, also Umkehr-Formationen. Die Ausbrüche kaufte ich trotzdem weiter, diesmal aber wenn sie noch unterhalb von alten Hochs statt fanden. Damit hatte ich Erfolg und konnte das Drawdown fast komplett egalisieren. Allerdings musste ich zum Jahresende, als das zweite Markthoch Anfang November gebildet wurde, feststellen, dass ich nur in den Phasen Erfolg hatte, in denen der Markt ebenfalls anzog.

Der Verlauf meines Wikis in 2021 war eine Kopie des Nasdaq oder des Russel Index. Mit dem Unterschied, dass die Ausschläge größer waren. Wenn es Rallyephasen im Markt gab, lief es bei mir und ich konnte die Indizes outperformen. Wenn es aber im Gesamtmarkt zu korrigieren begann, habe ich meine Buchgewinne wieder abgegeben und hatte gegenüber den Indizes erheblich underperfomed. Die Ausschläge nach unten waren deutlich stärker als die der Indizes. Während des Nasdaq am Ende im Jahresverlauf zwischen den beiden Hochs im Februar und November 2021 gut 18% zulegte, war ich bei -5% noch gut bedient, angesichts des drawdowns von -30% noch im Mai und meiner oben genannten Schwierigkeiten in Korrekturphasen.

Gegen Ende 2021 stellte ich also fest, dass meine Probleme vor allem die schwachen Marktphasen und die Identifikation der Wendepunkte waren. Dass ich dafür eine zuverlässige Maßnahme brauche, wurde mir allerdings zu spät klar. Da war es schon Ende Januar 2022 und ich sah mich einem weiteren Drawdown von -35% konfrontiert. Der Markt stürzte dort ab, der Bärenmarkt begann und ich war wieder mitten drin statt nur dabei. Hier begann ich mit den Ansichten von Minvervini zu brechen. Seinen Worten nach sei es nicht wichtig auf die Indizes zu schauen, es genüge die Performance seiner eigenen Aktien zu betrachten. Im Nachhinein verstehe ich seine Idee zwar, mein Fehler allerdings war nach wie vor, der dass ich munter trotz abschmierenden Märkten weiter meine Signale kaufte, obwohl die letzten geschlossenen Trades allesamt rot waren und auch die neuen Käufe direkt in die Stopps liefen. Das Minervine Konzept nur auf Aktien zu schauen und nicht auf Indizes, funktioniert für mich nicht. Meine Lösung des Ganzen sieht vor, dass ich den gesunden Status und der Indizes brauche um meine Freigabe für den Handel zu bekommen. Die Lösung ist einfach, war schnell erarbeitet und eingesetzt. Da war es Februar 2022.

Dies war für mich ein großer Augenöffner und ein echter Wendepunkt. Seit dem Low und der Installation meiner “Marktfreigabe”, kann ich den Nasdaq wieder zuverlässig outperformen:

Was mich insbesondere freut, ist der im Vergleich zum Nasdaq geringe Drawdown von -10% gegenüber dem Index mit -25%, in der Spitze im Oktober 2022. Ich bin gut durch den Bärenmarkt 2022 gekommen und gut in 2023 gestartet und stelle im Vergleich zu 2021 fest, dass meine Lösungen funktionieren und genau rechtzeitig kamen. Insbesondere wenn ich mir alte Highflyer Aktien aus 2020 und 2021 anschaue wie Fastly, Shopify und co, die mit -90% heute da stehen und vielleicht ein Jahrzehnt brauchen um wieder an alte Höchststände zu kommen.

Was meinen Handel betrifft, hat sich in den letzten zwei bis 3 Jahren sehr viel verändert. Ich handle nur noch 3 Setups und sie unterscheiden sich erheblich im Vergleich zu denen aus 2020 und 2021. Im Wesentlichen nehme ich neue Positionen nur noch in Konsolidierungsphasen auf. Ich kaufe nicht mehr in Earnings und generell handle ich keine Breakouts mehr. Das liegt vor allem daran, dass sie zum Start eines Handelstages ablaufen in den ersten 30 Minuten des Tradings, also in der Zeit von 15:30 – 16:00 Uhr in etwa. Der einfache Grund, warum ich da nicht aktiv bin, ist, dass ich um diese Zeit arbeite und nicht aktiv sein kann (und möchte!). Daher habe ich die vergangenen Monate seit Oktober 2022 damit verbracht Muster zu studieren und nach Charakteristiken zu forschen wie diese Breakout-Aktien vor einem Ausbruch aussehen. Ich suche also nach Formationen und kaufe hinein bevor der Breakout passiert. Das hat den Vorteil, dass dort auch sehr enge Stopps möglich und ich weiß innerhalb von wenigen Tagen, ob ich richtig liege oder falsch.

Mein aktuelles Ziel ist diese Strategie zu verfeinern und auszubauen und sobald ich mich bereit fühle, publiziere ich ein weiters Wikifolio, welches ich schon im Hintergrund handle. Die Eckdaten bisher: Maximaler Verlust -7%, bei -12,6% max. Drawdown, insg. seit Oktober 22 gut +15% Rendite während der Nasdaq bei ca. +7% ist. Mich freut es einfach zu sehen, dass eine gewisse Weiterentwicklung meines Tradings zu sehen ist und Früchte trägt und das alles mit Erfolg in wirklich nicht einfachen Marktverhältnissen stattfindet.

Ich werde es schon bald publizieren und hoffe auf Eure Mithilfe mit Vormerkungen es handelbar zu machen.