Vor fast genau zwei Jahren, wenige Wochen vor dem markanten Markthoch Ende Januar 2018, gründete ich – wohlmöglich auch ein bißchen im Rausch der stark steigenden Märkte – ein so genanntes Dach-Wikifolio. Dach-Wikis sind nichts anderes als Wikifolios, die in andere Wikifolios investieren. Dieses gegründete Dach-Wikifolio beruhte auf der Idee in die damals meiner Ansicht nach besten, weil besonders performanten, Wikifolios zu investieren, die so wie ich Nebenwerte handelten. 10 dieser Wikifolios, die mich ausnahmslos beeindruckten, wurden fiktiv gekauft. Ich habe alle soweit wie möglich gleich gewichtet. Ziel war vor allem auch, dass ich mich an diesen Tradern messen wollte.
Ich war damals aufgrund der überragenden Performance dieser Wikifolios davon überzeugt, dass dieses Dach-Wikifolio sämtliche Vergleichsindizes um Längen schlagen wird. Doch dann kam 2018 mit einer ausgeprägten und lang anhaltenden Korrektur, die insbesondere Nebenwerte stark traf.
Auch ich war noch Ende 2017 / Anfang 2018 scheinbar schwer beeindruckt vom Marktverlauf und bei Analyse meiner damals im Vergleich eher durchschnittlichen Performance zu der (falschen!) Erkenntnis gelangt, dass ich mein Handel Richtung langfristigeres Halten ändern muss. So hatten die Trader der anderen Nebenwerte-Wikifolios zumindest ihre Outperformance erreicht. Ich hatte zwar auch die gleichen Aktien erkannt und auch gehandelt, allerdings schon nach teilweise 10-20% die Gewinne realisiert, während die Aktien weiter stiegen und teils über 200% erreichten. “Einfach länger halten” lautete die verfrühte Schlussfolgerung. (Völlig upräzise Regeln für Ausstiege wäre die richtige Analyse…) Heute weiß ich jedenfalls, dass ich nicht detailiert genug ausgewertet habe, aber darum soll es heute nicht gehen.
Es geht heute darum, dass das besagte Nebenwerte-Benchmark-Wikifolio vollgepackt mit den 2016 und 2017 überragenden Wikis ein desaströses 2018 erlebt hat, immerhin 25% in der Spitze verlor und erst heute, gut zwei Jahre später, wieder Plusminus 0 steht. Wahnsinn, wer hätte das gedacht.
Viel schlimmer noch. Denn auch im Vergleich zu den Marktindizes (unten im Vergleich zum SDAX) bestenfalls gleich und mit einem ehrlichen Blick eher leicht unterdurchschnittlich performt.
Das sollte zu denken geben, oder? Auf jeden Fall. Ganz offensichtlich ist die überragende vorherige Performance schlicht und einfach einer damals guten Aktienauswahl geschuldet. Bei dem einen Trader eher zufällig, bei dem Anderen vielleicht alles andere als zufällig. Jedoch haben – bis auf einen Trader alle im Wichtigsten Punkt versagt: In der Risikobegrenzung. Teilweise haben die Trader ganz offensichtlich die langfristig gute Performance in der Vergangenheit mit dem Verzicht auf Stopps und Ausstiegsszenarien “erkauft”. Ein No-Go.
Das einzige Wikifolio, welches konsequent die Verluste minimierte, ist das, welches heute am weitesten im Plus ist im Vergleich. (+26% in 2 Jahren) Es handelt sich um das Wikifolio “Spezialwerte”. Der Trader versteht sein Handwerk – ganz ohne Frage. Mein Respekt.
Die Lehre aus diesen zwei Jahren für mich ist, dass ein Tradingerfolg ohne Risikobegrenzung so gut wie unmöglich ist. Risikobegrenzung ist die Basis. Zumindest muss man das Thema beherrschen wenn man besser abschneiden will als die Indizes. Ich bin absolut überzeugt davon, dass die Trader, die nicht auf Ausstiege achten, irgendwann vom Markt verschwinden. Ich bin nicht sicher, ob es Zufall war, dass die von mir ausgewählten Trader wirklich schlecht in dieser Disziplin sind. Ich glaube viel mehr, dass der Großteil der Amateure und Semi-Profis die Bedeutung des Notausstiegs unterschätzt oder schlicht nicht kennt.
Ich habe mit Hilfe dieses Wikifolios und auch mit meinem sehr schlechten Abschneiden in 2018 als ich exakt in die selbe Falle getrappt bin, extrem viel dazugewonnen. So bin ich dank dieser Erfahrung wieder zurück bei den Wurzeln angekommen und kenne die Bedeutung dieses Amateur-Fehlers jetzt intensiv aus eigener Erfahrung. Ich habe mir geschworen ihn nie wieder zu begehen und es ist die Basis meiner funktionierenden Strategie. “cutting the losses” ist der Untrschied zwischen außergewöhnlicher Performance und dem grauen Durchschnitt.
Ich habe gelernt, dass ein Trader, der es beherscht super performante Wachstumsaktien ausfindig zu machen, gute Chancen hat in ausgeprägten Bullenmärkten den Indizes voraus zu sein. Jedoch wir er bei der nächsten Marktkorrektur böse überrascht und mit etwas Pech kann er auch vom Markt verschwinden.
Ich will unbedingt klar stellen, dass es hier nicht um ein “bashing” geht. Ich will hier nicht mit dem Finger auf andere zeigen, denn ich bin selbst in die gleiche Falle getrappt. Mein super Positions- und Risikomanagement habe ich just Ende 2017 über Board geworfen und wollte den Aktien “mehr Raum geben”. Das wird mir nie wieder passieren und ist auch angesichts der Performance von diesem Benchmark-Wiki ist es wie ein Mahnmahl für mich den Fokus auf die Verlustminimierung zu legen.