Das Jahr geht zu Ende und wie immer hier im Blog will ich zurück blicken auf das Geschehene, auf die Aktionen – die richtigen und die falschen und ein kleines Lessons Learned durchführen. Natürlich nicht ohne einen Ausblick auf 2016.
Mein Wikifolio ist dieses Jahr einen nächsten Schritt nach vorne gekommen. Ich beende das Jahr am AllTimeHigh, während der DAX gute 14% von seinem Hoch vom April entfernt ist. Man könnte schlussfolgern alles wunderbar, es läuft! Doch die Wahrheit ist etwas komplexer, auch wenn ich den DAX dieses Jahr ganz knapp im Schlussspurt geschlagen habe.
Meine Fehler aus dem ersten Quartal diesen Jahres verhinderten eine außergewöhnliche Performance. Es war viiiiiieeel mehr drin dieses Jahr. Ich bin bei ca. 10-15% Jahresrendie – es wären weit über 50% drin gewesen. Kurzum. Es wurden Fehler gemacht, es mussten Korrekturen vorgenommen werden und weitere müssen noch zusätzlich dazu kommen. Ich habe hier und hier schon über Maßnahmen berichtet, aber es muss nach Auswertung des Jahres nochmal leicht nachgeschliffen werden, dazu gleich mehr.
Natürlich. Viele, viele Dinge sind auch richtig gemacht worden. Wenn das Depot auf Höchststand steht, ist das zwangsläufig so. Es war beispielsweise absolut richtig im Sommer extrem zurückhaltend zu agieren, ich schrieb darüber bereits im Post in “Zurückhaltung zahlt sich aus“. Während der DAX von 12.390 in der Spitze auf 9.325 Punkte fast 25% korrigierte, konnte ich mein Depot sehr erfolgreich vor dem Fall schützen. Wohlgemerkt, obwohl ich überwiegend mit gehebelten ETFs agiere. Der 2x gehebelte ETF, den ich hauptsächlich handle, ist von 345 Punkten auf knapp über 190 gecrasht.
Ohne die Interaktionen zur Drawdown-Minimierung hätte ich mir bis zu -45% (!) eingehandelt. Oder anders ausgedrückt: Am Top gekauft hätte ich mein Depot halbiert. Statt damals 140 Punkten, hätte es einen Wert von 80. Real habe ich in dieser mehrmonatigen DAX-Korrekturphase aber nur dank der Eingriffe milde -15% einstecken müssen. Damit kann ich im großen und ganzen sehr zufrieden sein. Die Hauptaufgabe das Depot vor Risiken zu schützen und das Kapital zu erhalten wurde erfüllt. Es macht mich froh zu sehen, wie die Maßnahmen greifen und wie man Jahr für Jahr besser und stabiler wird. Hier ein Chart zum Vergleich der Depotperformance im Vergleich zum DAX (rote Linie).
Bild1, Quelle: boerse.de
In 2016 muss der nächste Schritt folgen
Mit den Jahren an der Börse stelle ich immer wieder und immer deutlicher fest: Es geht gar nicht in erster Linie um das Geldverdienen. Es geht um den Lernprozess des Tradings. Wenn der Lernprozess, d.h. Reflexion und Aktion stimmt – stimmt im Sinne von diszipliniert und kontinuierlich durchgeführt – ist das Geldverdienen eine logische Folge.
Eine wichtige Maßnahme aus 2014 war beispielsweise der Schritt zur Distanz. Es ist gar nicht wichtig ständig da zu sein wenn man mittelfristig orientiert handelt. Das ist als würde der Fußballspieler anstatt zu spielen ständig auf die Anzeigetafel schauen. Die kleinsten, unrelevantesten Zuckungen des Marktes können zu verfrühten Ausstiegen führen. Der Zug fuhr dann oft in der Vergangenheit ohne mich weiter und ein Wiederaufspringen mit vernünftigem Chance-Risiko ist dann oft nicht mehr möglich. Ab Q2 diesen Jahres konnte ich hier Maßnahmen in meinen Handel einbauen, die alle samt messbare Wirkung zeigten. Die durchschnittliche Haltedauer meiner Positionen stieg um über 200% trotz geringerem Drawdown. Gut war es auch in den saisonal schwachen Monaten auch nach Aktien Ausschau zu halten und die mit relativer Stärke mit ins Depot aufzunehmen. Es ist bemerkenswert wie stabil gute Aktien Marktrückgängen trotzen und förmlich explodieren wenn der Markt wieder nach oben dreht. Ein wichtiges Lessons Learned aus 2015. Ich werde wohl mein Leben lang bei dieser Strategie immer an meine GFT Aktie denken, die innerhalb von 3-4 Monaten mittlerweile fast 50% zugelegt hat seit ich sie in genau dieser schwachen saisonalen Phase gekauft habe, weil sie in dieser Phase einfach nicht fallen wollte. Dazu auch noch perfekt pyramidisiert, d.h. aufgestockt habe und einen Großteil des Anstiegs mit über 30% Depotanteil mitgemacht habe. Das war sicher einer der technisch besten Aktientrades der letzten 3 Jahre von mir.
Ich hake folgende Themen in meiner Entwicklung dieses Jahr ab
- “Fokussierung auf Verlustminimierung”. Insgesamt einen großen weiteren Schritt voran gekommen. Alle zusätzlichen Maßnahmen haben gewirkt. Ich bin 2015 besser als 2014 und 2013 gewesen. Aber es ist eine Nachjustierung notwendig, da ich durch die starke Sommerkorrektur die Depotperformance negativ war.
- “Cut the losses”. Erkennen von fehlerhaften Positionen sowie die sofortige Handlung, d.h. Schließung. Die zweit wichtigste Grundvoraussetzung für erfolgreiches Bestehen an der Börse.
- “Positionsgrößenmanagement”. Wichtigstes Element in meinen Augen. Zu wissen wieviel Risiko eingegangen werden darf abhängig der Marktbedingungen, der psychologischen inneren Verfassung und der Auswirkung auf die Gesamtperformance im Depot. Oder anders: Im Nebel rase ich auch nicht mit über 200 auf der Bahn. Und schon gar nicht wenn ich Kopfschmerzen habe, keine Versicherung und das Auto neu und wichtig ist.
Am letzten Punkt “Positionsgrößenmanagement” muss man meinen Erfahrungen nach kontinuierlich feilen. Warum? Weil sich der verwaltete Betrag ändert und dieser einen massiven Einfluss auf die Psyche ausübt. Bei einem Vermögen von sagen wir mal 100.000€ macht es einen großen psychologischen Unterschied ob ich 1.000€ oder 10.000€ risikiere. 100.000€, also den fiktiven Jahresverdienst werden nur wenige bereit sein ins Risiko zu nehmen. Ich merke gerade, dass dieser Punkt einen weiteren Blogeintrag verdient, weil er essentiell ist und wie ich finde extrem interessant ist… Dazu schreibe ich hier mal bei gegebener Zeit etwas.
2016 –
Ich werde für 2016 zwei Dinge ändern. Erstens, ich werde in den saisonal starken Monaten mich noch stärker auf bullishe Signale konzentrieren, d.h. ich werde jedes bullishe Signal kaufen und laufen lassen. Bei anstehenden Marktkorrekturen werde ich dagegen nicht mehr komplett aussteigen, sondern einen Restanteil behalten. Zweitens, ich werde in 2016 in der saisonal schwachen Phase auch shorts handeln. Hierzu habe ich über die Weihnachsphase ein Paar Backtests durchrechnen lassen und auf Basis dessen ein Konzept entwickelt.
Was Punkt 1 – den Handel der saisonal starken Phase betrifft, so muss ich nach dem verpassten Ritt des Bullen in Q1 2015 weiter an meiner größten Baustelle voran kommen, die Trades laufen zu lassen, ohne ein (zu) großes Drawdown zu riskieren. Das ist die meiner Meinung nach schwierigste Herausforderung im mittel- bzw. langfristigen Handel. Trendphasen mitzunehmen bedeutet nämlich auch Korrekturphasen mitzunehmen. Das schwierige dabei ist, dass ein Marktumschwung am Anfang stets aussieht wie eine kleine Korrektur und man das Risiko hat den richtigen Absprung zu verpassen. Das richtige Timing braucht daher Kompromisse. Größeren Trends müssen große Drawdowns zugestanden werden und hier kommt die persönliche Risikoneigung ins Spiel, denn nicht jeder verkraftet einen 30%igen Rückgang seiner Anlagen. Ich bin nicht nur deshalb der festen Meinung, dass der mittel- und langfristige Handel daher zu den schwierigsten Disziplinen an der Börse gehört. Viel schwieriger beispielsweise als Daytrading auf Minutenbasis, in der man sein Drawdown von vornherein kennt und limitiert.
Punkt zwei. Ich will in 2016 auch shorts handeln, weil es sich in 2015 gezeigt hat, dass man mit einer Strategie der Minimierung von long-Positionen in Martrückgangsphasen zwar die Auswirkungen auf das Depot erheblich reduzieren aber eben nicht beseitigen kann. Die Minus 15% in den 5 Sommermonaten diesen Jahren hätten auch +30 sein können mit dem Handel von short-Positionen. Dieses Jahr habe ich ganz bewusst keine shorts gehandelt, da es sich um einen klaren Bullenmarkt handelte. Nach genauerer Analyse aber stelle ich fest, dass es mit Einschränkungen Sinn macht – und zwar wenn man nach wenigen Tagen die Shorts wieder einstreicht. Mit dieser Strategie wäre meinen Backtets nach auch der super bullishe Sommermarkt in 2014 erfolgreich geritten worden.
Die Verbesserungen der Strategie sind also beschlossen und warten darauf umgesetzt zu werden. Kurz zusammengefasst: In der saisonal bullishen Phase werde ich jedes long-Signal kaufen, bei bärischen Signalen oder bei Stopps wieder verkaufen, allerdings einen Restanteil drin lassen. Ab der saisonal schwierigen Phase werde ich kurzfristiger handeln und auch short-Signale vorsichtig mitnehmen, hierbei allerdings nicht laufen lassen, sondern per Limit oder händisch nach wenigen Handelstagen wieder raus gehen. An der Maxime das Depot vor großen Drawdowns zu schützen ändert sich nichts.
Ich bin sehr zuversichtlich, dass auch diese Maßnahmen Wirkung zeigen werden, wenngleich es heißt, dass das Depot etwas offensiver gehandelt wird. Ich bin mit im Schnitt +10 bis +15% per Anno Performance seit Ausgabe bei 22% max. Drawdown und einer sharpe-ratio von lediglich 0,5 eher unzufrieden als zufrieden. Das muss besser gehen. Wenn ich mir aber das letzte halbe Jahr anschaue, kann ich immerhin sagen dass ich erhebliche Verbesserungen erzielen konnte:
Bild2, Quelle: boerse.de
Bis Mitte des Jahres ist mir der DAX performancemäßig um schlappe 25% (!) weg gelaufen (Bild1) was mich zu Maßnahmen zwang. Seit dem habe ich ihn nicht nur eingeholt sondern auch überholt und mit etwas Glück kann ich immerhin auch dieses Jahr für mich mit dem Prädikat “DAX geschlagen” verbuchen.
Gutes 2016 Euch allen. Ich freue mich drauf!