Mein Wikifolio-Projekt

Oder: Am Ende gewinnt immer die Bank!

Ich habe vor einiger Zeit mal vorgestellt, dass ich mich nach Tipp vom Leser “Klewe” am Wikifolio-Projekt versuchen will. Ich habe ziemlich schnell zwei Portfolios eröffnet und schon nach der Eingabe der ersten Order kam das erste, große Fragezeichen. Die Order wurde abgelehnt, weil das gewählte Wertpapier nicht handelbar war. Ich fing an die Teilnahmebedingungen zu lesen. Zusammenfassend kann man sagen:

  • Aktuell lassen sich nur Aktien und ETFs von L&S handeln (Anm: …die für ihre hohen Spreads per se bekannt sind)
  • Somit gibt es so gut wie keine Möglichkeit auch mal short zu gehen. Die Handelsrichtung ist mehr oder weniger vorgegeben
  • Zu den Zeiten, an denen ich in der Regel handeln kann (ab 19 Uhr), muss ich fürchterliche Spreads akzeptieren. Diese wirken sich natürlich noch stärker aus weil die möglichen Hebel sehr klein sind (maximal 2)
  • Limit Order gibt es keine, StoppLoss gibt es nicht. Man kann nur zu dem Preis kaufen oder verkaufen der aktuell gegeben ist.

Diese Dinge reichen ohne weiteres aus um aus einem profitablen System dauerhaft Verluste generieren zu lassen. Dieser Satz wird vielleicht den ein oder anderen überraschen, wenn ihr durchhaltet und den Post hier zu ende lest, werden ihr verstehen warum.

Der Reiz ein eigenes “Zerti” zu bekommen ist zumindest interessant genug gewesen für den nächsten Selbstversuch. Ich bin viel zu ehrgeizig und erprobungsfreudig, um von vornherein abzulehnen (wie wohl 90% aller Profis angesichts de Gegebenheiten hier entscheiden würden – da bin ich sicher). Immerhin gibt genügend Leute, die trotzdem nachhaltig positiv handeln bei diesem Projekt. Das kann ich auch.

Der Ingenieur probiert aus bevor er sich auf Theorien einlässt und hier ist das erste Ergebnis des ersten Trades:

 

Einstieg short Ende September, Covering Ende Oktober. Am Timing gibt es nicht viel zu meckern. Klar, der Einstieg hätte vielleicht etwas besser sein können, aber Signal ist Signal. Auf dem Bild zu sehen jedenfalls, dass das Markttiming stimmt – immerhin konnten knapp 30 SPX Punkte auf der richtigigen Seite geritten werden – ABER! Wie sieht es denn mit dem Ertrag aus? Und hier werden nach und nach alle Nachteile deutlich.

1. Spread: Mein Kauf auf der ASK Seite zu 9,03 Euro pro Wertpapier (Bit-Kurs war 8,76 damals – hatte ich mir extra notiert..) -> gleichmal erstes deutliches Minus. Gleich im Kauf, ohne dass sich der Kurs nur gerührt hat

2. Die Auswirkung diesen Spreads ist besonders deutlich zu sehen im Verkauf. Obwohl ich 30 Punkte später in meiner Handelsrichtung am 26.10. verkaufte, bekam ich nur 9,39 Euro pro “Wert”papier. Hinzu kam, dass die Plattform für mich neu war, der Tag noch jung (8:15 Uhr wie man sieht) was dazu führte, dass ich mich bei der Eingabe vertan habe. Mehrmals. Zunächst habe ich nur 1 Papier verkauft, dann zu 9,63 die restlichen 221 statt verkauft nun GEkauft (hallo Spread!), um insgesamt 442 Papiere im Depot im Anschluss zu verkaufen. Der Gesamte 30 Punkte SPX Gewinn war damit gefressen. Von der Bank. Nur durch den Spread. WAHNSINN!

3. Das gewählte Papier ist ein 2x gehebelter short ETF auf den S&P500. Das höhste der Gefühle, was die bescheidene Auswahl bei Wikifolio hergibt. Selbst mit einem doppelt gehebelten Short hat man wie oben zu sehen kaum eine Chance gegen die Bank zu bestehen. Hoffe es ist deutlich für alle.

4. Die Bedeutung der Handelszeiten will ich auch nocheinmal hervorheben. Ich habe an diesem besagten 26.10. um 8:15Uhr in der früh noch zu hause sein können und war der Hoffnung, dass die Spreads geringer wären, immerhin ist der Deutsche Markt offen um die Zeit und ich war stets der Meinung dass die hohen Spreads abends, wenn ich gewöhnlich heim komme von der Arbeit, daran liegen, dass die Papiere an Deutschen Börsen gehandelt werden und daher angehoben sind. Naja, es ist einfach so, dass die Spreads morgens und mittags hoch sind, abend nur noch höher. Sehr ernüchternd.

5. Stellt Euch vor, dass für jeden Ein- und Ausstieg noch Ordergebühren fällig werden. Plus für abgeschlossene Gewinn-Trades nochmal knapp 29% Steuern. Da zwacken an den Erträgen neben der Bank, der Broker und der Staat und fürs Depot bleibt ein Verlust. Im Projekt muss man keine Ordergebühren zahlen und auch keine Steuern. Die Macher wissen warum.

6. Glücklicher Weise war dieser Trade von der Richtung her ein Gewinner. Wie oben erwähnt scheidet hier die Möglichkeit aus seine Positionen per StoppLoss abzusichern. Stellt Euch vor, das Ding läuft gegen mich. Wie soll man da sinnvoll aussteigen? Viele Anfänger, die ohne Stopps abeiten (by the way: Ich kennen keinen einzigen Profi, der ohne Stopps arbeitet..) bekommen bei Versustpositionen, die nicht mit SL abgesichert sind zusätzlich psychische Probleme und halten an Ihren Positionen die immer roter werden fest, bis sie wertlos sind. Diese Gefahr lauert hier natürlich auch.

7. Positionsgröße. Das Depot habe ich mit 5k ausgestattet. Die Positionsgröße betrug 2k. War sie zu groß oder zu klein? Diese Frage ist so viel wichtiger als der stumpfe Ein- und Ausstieg. In keinem Börsenforum habe ich bislang Diskussionen zur richtigen Positionsgröße oder der Wahl des richtigen Trading-Vehikels lesen können. Hier sollte hoffentlich allen deutlich werden wie der Stellenwert diesen 3 Kernthemen im Trading zuzuordnen ist

8. Zurück zu “Die Bank gewinnt immer”. Ich füge hinzu: “besonders gut bei Zertifikaten”. Ich habe wie gesagt ca. 1 Monat lang das Papier gehalten. Der Hebel des Papiers hat seinen Wert in dieser Zeit etwas gefressen, leider habe ich hierzu keine Auswertung gemacht bislang. Viel besser ist: Das Ganze Depot ist ein Zertifikat und die Bank knappst sich auch daran Tag für Tag auch ihren Teil ab. Unten ein Auszug aus dem Kontoauszug mit der Frage an alle Interessierten: Seid ihr Euch über die Gebührenlage Eurer gehandelten Zertifikate im Klaren? Ich wette die ehrliche Antwort lautet bei 95% der Leser: “nein.” Daher spricht mach von “versteckten Gebühren”, auch wenn Sie offen durch Banken kommuniziert werden. Im Fall hier 0,95%. Ein lächerlich kleiner Wert, nicht wahr? Naja, reicht immerhin um bei einem furzkleinen 5t€ Depot täglich ca. 0,13 Cent in die Taschen der Bank abzuziehen. Das sind im Jahr knapp 45€ auf ein 5k€ Depot. Jedem klar?

 

Ich hoffe es wird halbwegs klar, welche Bedeutung der richtige Ein- und Ausstieg hat im Vergleich zu den anderen, hier erwähnten Basics im Trading. Es sollte auch klar werden, weshalb nachgewiesener Maßen 80% der Trader ins System einzahlen. Ich mache es mir zur Aufgabe hier im Blog allen klar zu machen, dass es minestens genau so wichtig ist auch auf die anderen Dine – fernab von Ein- und Austieg zu achten. Für meine 2 Wikifolios habe ich die Schlüsse gezogen und handle im ersten nur noch long-DAX30 Titel, im anderen zu 100% short oder long auf den SPX (mittelfristige Signale). Ihr könnt die Portfolios hier verfolgen und ich würde mich um einige Vormerkungen freuen.

Alle Ein- und Ausstiege aus Positionen werden transparent auf meiner Facebook-Seite angegeben (https://www.facebook.com/depotblog). Wenn ihr mitverfolgen wollt wann ich was kaufe oder verkaufe, ist alles was ihr machen müsst mir ein kleines “LIKE” zu spendieren. Danke schon mal vorab und ein schönes Wochenende Euch allen!